Mannigfaltigkeit
(1) Verschiedenheit, Vielheit, Vereinzeltheit. M., ein Gegenbegriff zu Einheit, ist ein in der Erkenntnistheorie seit dem 17./18. Jh. gebräuchlicher Begriff für die Vielheit und Verschiedenheit vor allem des sinnlich Gegebenen. Für Locke und Hume ist die sinnlich gegebene M. als »sensations« oder »impressions« Ausgangspunkt der Erkenntnis und verbürgt die Gewissheit des Erkannten. Die M. der Sinneseindrücke ist der Quell aller Vorstellungen. Der Verstand prozediert im Nachhinein. Für Kant ist die Synthesis (Verbindung) des Mannigfaltigen zu einer Erfahrungserkenntnis eine spontane Leistung des Verstandes. Die M. ist in den reinen Formen der Anschauung, Raum und Zeit, gegeben und wird durch die Begriffe des Verstandes (Kategorien) aktiv zu einer Vorstellung verbunden. Die transzendentale Apperzeption (das Ich-denke, das alle meine Vorstellungen begleiten können muss) verbindet alles Mannigfaltige der gegebenen Vorstellungen in einem Bewusstsein. Die spätere Wissenschaftslehre Fichtes bezeichnet es als das Wesen der Philosophie, alles Mannigfaltige zurückzuführen auf absolute Einheit. – (2) In der Mengenlehre wurde der Begriff der Menge zunächst auch mit dem Begriff der M. belegt (G. Cantor). M. ist ein mathematischer Begriff, der in der Theorie mehrdimensionaler Geometrien Verwendung findet.
CHA